Ich werde durch ein sanftes Hin- und Herschaukeln wach. Einen kurzen Moment brauche ich, bis ich wieder weiß, wo ich mich befinde. Leise öffne ich die Hecktür von George und schiebe mich zwischen den eng geparkten Autos hindurch, bis ich eine stählerne Treppe finde, die nach oben führt. Am Ende angekommen, erwartet mich bereits die Sonne, die sich langsam über den Horizont schiebt. Ich stehe an der Reling eines Schiffes und blicke in Richtung Süden, wo sich Festland abzeichnet. Vor uns liegt die Insel, auf der Aphrodite der Legende nach aus dem Meer gestiegen sein soll. Verschlafen murmle ich „Guten Morgen, Zypern!“
Empfangskomitee
Die ersten Momente gestalten sich jedoch eher chaotisch. Zypern ist seit 1974 geteilt. Auf der Insel ist der Konflikt zwischen Griechenland und der Türkei stark zu spüren. Im Norden befindet sich ein türkischer Teil und im Süden ein europäischer, griechischsprachiger Teil. Wir haben bereits November und da ab September die Fähren nach Griechenland nicht mehr übersetzen, führt uns nun der einzige Weg mit Auto per Fähre über den türkischen Teil Zyperns. Diesen Weg müssen wir übrigens später auch wieder zurück einschlagen, denn der türkische Teil wird nicht anerkannt. Offiziell handelt es sich somit, wenn man den europäischen vom türkischen Teil betritt, um einen illegalen Grenzübertritt in die EU. Wir haben die Verbindung aus der Türkei von Taşucu nach Girne gebucht. Nur knapp 150€ zahlen wir mit Auto pro Überfahrt.
Als wir gegen 8:00 Uhr morgens den Hafen in Girne erreichen, herrscht dort das übliche Chaos. Menschen strömen über den Pier, LKW’s schieben sich durch die Lücken, vorbei an den Schiffen, in Richtung Zollhäuschen. Das Grenz-Prozedere ist hier besonders zeitintensiv. Lange Schlangen bilden sich und jeder möchte eigentlich nur noch die Grenze passieren. Gerade als wir den letzten Stempel nach fünf Stunden auf unser Dokument bekommen, schließen die Grenzbeamten ganz plötzlich die Tore. „Mittagspause!“ gibt uns die Beamtin aus ihrem Häuschen zu verstehen, bevor sie das Fenster schließt. Alles steht still. Die LKW-Fahrer hinter uns in der Schlange sind davon nicht sehr begeistert und machen uns für ihr langes Warten verantwortlich. Wir verstehen zwar nicht das, was sie uns auf Türkisch an den Kopf werfen, aber wir können es uns denken. Nach einer weiteren Stunde, in der wir an der Grenze frühstücken, dürfen wir dann endlich passieren und rollen auf die Straßen Zyperns.
Diese haben es in sich! Das Land war bis 1969 eine Englische Kolonie. Es gilt somit Linksverkehr, ganz zur Freude von George, denn der ist ein waschechter Brite und somit Rechtslenker. Endlich fährt er mal auf der richtigen Straßenseite. Auch wenn wir uns relativ schnell an die neuen Verkehrsbedingungen gewöhnen, etwas mulmig ist uns schon, wenn wir von der linken Seite in einen Kreisel einfahren.
Zügig fahren wir zur Hauptstadt Nikosia, denn wir wollen direkt am selben Tag noch in den europäischen Teil übersetzten. Lange Fahrtzeiten haben wir auf Zypern glücklicherweise nicht. Gerade
dreieinhalb Stunden würde ein Auto benötigen um die längste Strecke vom östlichsten Zipfel bis zur westlichen Küste zu fahren. Vor allem nach einem Land wie der Türkei, in der wir dieselbe Zeit
zwischen zwei Städten benötigen, ist das wirklich angenehm. Für die Fahrt nach Nikosia brauchen wir gerade mal eine Stunde. Die Stadt ist die letzte geteilte Hauptstadt der Welt, denn hierdurch
verläuft auch die Landesgrenze. Im Gegensatz zu Girne am Morgen passieren wir hier innerhalb von 15 Minuten den Grenzposten. Freundlich erinnert uns der Beamte: „Bei der der Ausreise müssen Sie
wieder über exakt diesen Grenzposten fahren, sonst gibt es Probleme! Willkommen auf Zypern!“
Sofort fühlt es sich an, als wäre man falsch abgebogen und in Griechenland gelandet. Alle Schilder sind auf Griechisch, es klingen griechische Worte durch die Straßen und es gibt überall den
leckeren kalten Kaffee ‚Frappe‘ – nur die ‚falsche‘ Straßenseite, auf der wir fahren hat sich immer noch nicht geändert.
Wir beschließen, dass wir die erste Nacht an der Küste verbringen wollen und finden dank 4x4 Antrieb ein schönen Stellplatz direkt am Strand. Früh am Morgen erwachen wir jedoch ruckartig. War da
ein Schuss? Eileen schaut mich verwirrt an. Als wir aus dem Fenster blicken, sehen wir ein langes, schmales Rohr, das hinter dem kleinen Erdwall direkt hinter uns hervorlugt. „Ist das ein
Panzer?“ fragt mich Eileen entsetzt. Sie hat Recht! Wir schauen uns um und verteilt an dem ganzen Küstenabschnitt stehen Panzer, die auf das Meer gerichtet Platzpatronen verschießen. Wir sind
inmitten einer Militärübung gelandet! Schnell verdrücken wir uns vom Schauplatz und fahren an den Panzern vorbei in Richtung Inland. Die Soldaten nehmen uns zwar wahr, es scheint ihnen aber egal
zu sein. Solch skurrilen Situationen erlebt man nur unterwegs!
Aus George heraus erkunden wir weiter die südliche Küste. Es ist herrlich warm und eine frische Brise weht in die offenen Fenster von George. Plötzlich rufe ich Eileen zu: „Schau mal da!“ Ich habe Flamingos auf einem flachen Salzsee entdeckt, der sich direkt neben dem Flughafen von Larnaka erstreckt. Bereits in Griechenland sind wir kurz vor Lefkada den pinken Vögeln begegnet, hier sind sie jedoch scheinbar an Menschen gewöhnt und fliegen nicht direkt scheu weg, wenn man sich ihnen von weitem nähert. Da der Salzsee nicht tief ist, schleichen wir uns den Flamingos barfuß im knöcheltiefen Wasser soweit wir können entgegen und freuen uns wie kleine Kinder. Immer wieder ein toller Moment, diesen außergewöhnlichen Tieren in freier Wildbahn zu begegnen.
Grenzgebiet
Da im November der Sommer-Boom an Touristen vorbei ist, können wir ganze Strände unser Eigen nennen und gehen uns bei 26 Grad Außentemperatur im kristallklaren Meer abkühlen. An einer Stelle der Küste wurden von einer Tauchschule antik wirkende Statuen versenkt, diese erkunden wir aus Entfernung mit Taucherbrille und Schnorchel ausgestattet. So verbringen wir die ersten Tage auf Zypern indem wir Urlaub vom Reisen machen und uns entspannen. Langsam bewegen wir uns der Küste entlang in den Osten der Insel, immer mehr der Grenzstadt Deryneia entgegen.
Von hier aus lässt es sich auf die verlassene Touristenhochburg Famagusta, heute Gazimağusa, blicken. Während in den Sechzigern im Teil Varosha in der Hochsaison bis zu 60.000 Touristen Urlaub machten, sieht man heute nur noch Ruinen des alten Glanzes. Der Stadtteil ist heute eine Sperrzone und Geisterstadt. Ein ehemaliger Anwohner hat in Deryneia ein kleines Café mit Aussichtsturm errichtet. Mehrere Schilder hinter seinem Parkplatz verkünden „STOP, DO NOT ENTER, MILITARY ZONE“, oder „NO MAN’S LAND“. Während man im Erdgeschoss des Cafés in mehreren Sprachen Filme über die Geschichte Famagustas sehen kann, gibt es von der oberen Plattform die Möglichkeit, mit Ferngläsern die Hotelriesen genauer zu betrachten, die nun seit fast 50 Jahren friedlich schlafen. Ob sie sich so ihre schillernde Zukunft vorgestellt haben? Heutzutage gib es noch gut 40 000 Flüchtlinge auf Zypern selbst, die nicht mehr in ihre Städte zurückkehren können. Auch wenn man sich unter einer Reise immer etwas Schönes vorstellt, so gehört es für uns dazu, sich mit der Geschichte des Landes auseinanderzusetzen, denn diese hat die Menschen und die daran geknüpfte Kultur geprägt.
Nach dem etwas schwermütigeren Teil der Erkundung Zyperns kehren wir der Grenzstadt den Rücken zu. Langsam geht es wieder in Richtung Westen und dabei nehmen wir ein zweites wichtiges Thema, das für uns fürs Reisen unabdingbar ist, unter die Lupe: Das Essen. Die zypriotische Küche ist bekannt für sein Mezé. Das ist eine schier endlose Folge von kleinen traditionellen Gerichten, die über den Abend verteilt zu sich genommen werden. Bestimmt kennt ihr Tapas, es handelt sich um das gleiche Prinzip. In einer schönen kleinen Taverne schlemmen wir uns also durch die zypriotische Küche. Zunächst werden uns Oliven, Bauernsalat, rote Beete und verschieden Dips gebracht. Während wir probieren, klingen traditionelle Lieder aus den Lautsprechern an den Wänden. Die Flut an Tellern auf dem Tisch will gar nicht aufhören: es folgen weitere Salate, Tomatenreis, Pommes, gegrilltes Gemüse, verschiedenes Fleisch und Schnecken. Ja, ihr habt richtig gelesen: Schnecken zählen hier als Delikatesse. Natürlich komme ich nicht daran vorbei diese zu probieren. Zunächst tunke ich das gekochte Tier in eine Essigsauce, anschließend wandert das Ganze in meinen Mund. Nur kurz kann ich meinen Gesichtsausdruck wahren, dann verziehe ich die Mundwinkel. „Ganz schön salzig!“ Ich werde wohl kein Schnecken-Genießer werden und doch bin ich froh, eine neue Geschmackserfahrung gemacht zu haben. Am Ende des Abends verlassen wir kugelrund das Restaurant und freuen uns auf unser Zuhause auf vier Rädern, mit dem wir die Nacht an einem einsamen Platz auf den Klippen am Meer verbringen.
Verschluckt
George soll nun endlich mal voll auf seine Kosten kommen. Auch Offroad-technisch hat Zypern eine Menge zu bieten. Verlässt man die Küstenregion und fährt in Richtung Landesmitte stößt man auf das Troodos Gebirge, das an seinem höchsten Punkt 1952 Meter bemisst. Plötzlich fühlt es sich an, als wären wir in einem anderen Land. Wir werden von einer Vielzahl an Eichen, Kiefern, Pinien, Platanen und Zedern verschluckt. Doch bevor es für uns selbst auf die dreckige Piste geht, haben wir noch etwas Besonderes vor. Wir wollen zwei Freunde treffen, denen wir bereits im Iran begegnet sind. Sie haben uns erzählt, dass hier momentan ein Spektakel stattfindet, das wir nicht verpassen sollten. Schon von weitem hören wir ein lautes Knattern und Knallen. Dann bemerken wir, dass die ersten Waldwege teilweise gesperrt sind und sich bereits mehrere Menschen hinter den Absperrungen eingefunden haben. Da sind ja auch unsere Freunde, Betty, Martin und ihr UAZ Buchanka Olga! Freudig begrüßen wir uns, stellen die Autos ab und wandern eine kleine Anhöhe hinauf, von der man eine Waldpiste gut im Blick hat. Das Knattern wird immer lauter und lauter, bis ein Rally-Wagen an uns vorbeischießt. „Im Sommer findet hier immer die Rally von Zypern statt.“, lässt uns Martin wissen „Da sie dieses Jahr aber nicht stattfinden konnte, wird nun dieses Rennen in kleinem Rahmen veranstaltet, das wir uns umsonst ansehen können.“ Ein Wagen nach dem anderen brettert die Piste entlang und wirbelt ordentlich Staub auf. Nachdem alle Fahrer an uns vorbeigerauscht sind, machen auch wir uns auf den Weg.
Gemeinsam wollen wir das Gebirge und dessen Waldwege erkunden. Vier Tage folgen wir dem Fernwanderweg E4. Es geht über schmale, raue Pfade, die teilweise komplett mit buntem Laub bedeckt sind, hinauf und wieder hinunter, durch Gebirgsflüsse und vorbei an riesigen Gesteinswänden. Für den UAZ und den Defender sind die anspruchsvollen Wege ein Klacks und so verlassen wir auch mal die Autos und wandern zu Fuß weiter durch das Gebirge. Kaum zu glauben, dass wir vor ein paar Tagen noch in Badehose und Bikini am Strand waren. Eingepackt in Jacken, mit dicken Socken und Mützen ausgestattet durchstreifen wir die Wälder, staunen über die abwechslungsreiche Flora und Fauna und verbringen die Abende zu viert im UAZ, kochen, philosophieren über das Leben und spielen Würfel- oder Kartenspiele. Es ist wirklich schön, wenn man unterwegs Gleichgesinnte trifft. Doch nach den gemeinsamen Tagen zieht es uns wieder in unterschiedliche Richtungen. Während es für Betty und Martin in den Norden geht, wollen wir uns noch den Westen Zyperns anschauen.
Gestrandet
Zunächst macht George uns jedoch ein Strich durch die Rechnung. Es wäre wohl kein Defender, wenn alles reibungslos ablaufen würde. Plötzlich haben wir immer mehr Probleme beim Starten des Wagens und irgendwann geht unsere kleine Diva gar nicht mehr an. Wir haben hörbar Luft im Dieselkreislauf. Glücklicherweise sind wir aber bereits bis nach Paphos gekommen. Hier gibt es eine gute Werkstatt, die sich auch mit Defendern auskennt. Bis wir allerdings an der Reihe sind, müssen wir noch ein paar Tage auf dem Parkplatz der Werkstatt zwischen alten Autos verbringen. Auch das gehört zum Reisen dazu. Schließlich werden die Dieselpumpe und eine Membran getauscht, dann springt George endlich wieder an.
Wir waren nicht die einzigen die hier gestrandet sind, sondern ebenfalls etwas nördlicher an der Küste die Erdo III. Es handelt sich um ein Schiffswrack, das heute wie eine Statue nah des Festlands liegt. 2011 kollidierte das Schiff während eines Sturms mit einem Felsen und trieb dann manövrierunfähig an die Küste. Da es sich nun in einem Naturschutzgebiet befindet, ist eine Bergung oder Verschrottung vor Ort zu kostspielig und so wurden 2013 lediglich die Gefahrengüter entfernt und das Wrack der Witterung überlassen. Majestätisch liegt das Stahlmonster wie ein gestrandeter Wal nur ein paar Meter vor den Klippen. Eine Nacht verbringen wir in George auf den menschenleeren Felsen neben den Überresten. Morgens wachen wir in Gesellschaft auf. Um uns herum haben sich andere Defender verteilt. Keine Overlander, nein, es handelt sich um eine sogenannte ‚Jeep-Safari‘. Der Kassenschlager, Touristen werden per Defender von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit kutschiert. Unglaublich wie sehr sich der Jeep als Gattungsbegriff durchgesetzt hat. Mal abgesehen davon, dass eine Safari auch etwas völlig anderes ist.
Da wir nicht mehr allein sind, machen wir uns wieder los. Die Avakas-Schlucht ist nur ein paar Kilometer weiter. Falls ihr Zypern je besuchen solltet, schreibt euch diesen Ort unbedingt mit auf eure To-do Liste! Ungefähr drei Kilometer folgt man zu Fuß dem kleinen Fluss Avgas im Inneren der Schlucht. Dabei streift man durch eine atemberaubende Natur. Saftiges Grün, über 30m hohe Felswände, kleine Wasserfälle und ausgewaschene Kalksteinpassagen, die teilweise nur ein paar Meter breit sind. Erneut fragen wir uns, in welchem Land wir gerade sind. Ist das noch Zypern? Ja, diese Insel weiß tatsächlich durch seine Vielseitigkeit zu begeistern.
Zeitreise
Nach unserer abenteuerlichen Zeit beginnen bereits unsere letzten Tage in diesem schönen Land. Natürlich kommen wir nicht dran herum, uns noch alte Ruinen anzuschauen. Direkt beim Hafen von Paphos gibt es ein großes Ausgrabungsgebiet, das sich über einen Kilometer erstreckt. Hier findet man Überreste von Villen, die mit ihren farbenfrohen Mosaiken bestechen. Bei den Ausgrabungen ist auch der große Marktplatz, die Agora aufgetaucht, an dessen Seite ein altes griechisches Theater thront. Mehr begeistern uns jedoch die Königsgräber, die etwas weiter im Norden liegen. In den felsigen Boden wurden mehrere Grabanlagen geschlagen. Über eine schmale Treppe gelangt man in einen viereckigen Rundgang, der mit fein ausgearbeiteten Säulen geflankt ist. In der Mitte befindet sich ein offener Hof, der die Verbindung zum Himmel schafft. Blickt man von hier unten aus nach oben, so wirkt es nicht, als befände man sich gerade drei Meter unter der Erde. Von dem Gang selbst führen mehrere Kammern tiefer in den Stein hinein. Hier wurden bis zum 3. Jahrhundert die Beamten und Staatsoberhäupter der Ptolemäer zu Grabe getragen. Wir sind wirklich beeindruckt von der präzisen Handwerkskunst und Architektur, die mit viel Geschick und unglaublichem Aufwand per Hand in die Felsen geschlagen worden ist.
„Wer hätte gedacht, dass es in Großbritannien so viele Katzen gibt!“ Ihr könnt mir nicht ganz folgen? Keine Sorge, ihr habt euch nicht verlesen. Den letzten Tag verbringen wir tatsächlich in Großbritannien unter Katzen. Wie das möglich ist? Da Zypern eine ehemalige Kolonie ist, gibt es noch ein paar Militärbasen sowie Wohngebiete, die zu England gehören. Diese entsprechen einer Fläche von ungefähr vier Prozent der Insel. Abgesehen von den Sperrzonen darf man diese Gebiete ebenfalls befahren. Willkommen in England! Englische Straßennamen, Pub’s und Fish & Chipsläden reihen sich neben typisch englischen Backsteinhäusern. Mal eben kurz wieder in eine andere Kultur eingetaucht. Auf solch einer Fläche befindet sich ein kleines Kloster, das berühmt geworden ist. Einst wurden Katzen hier hergebracht um die einheimischen Schlangen zu jagen. Den Katzen ging es jedoch scheinbar so gut, dass sie sich immer weiter vermehrten. Nun leben im Kloster mehr Katzen als Menschen. Schon auf dem Parkplatz werden wir regelrecht überfallen von einer Flut aus Wollknäulen. Alle wollen etwas zu fressen bekommen oder gestreichelt werden. Wir verbringen etwas Zeit mit den sanften Vierbeinern, verteilen unser Katzenfutter und unsere Streicheleinheiten, dann wird es Zeit uns zu verabschieden. Jeder der möchte, wird nochmal gekrault, dann hört man den Motor von George losbrummen und wir lassen das Kloster, die Katzen und Großbritannien hinter uns.
Gedankengut
Der Gesang des Muezzins breitet sich über die Stadt. Es ist dunkel. Auf Zypern geht das sehr schnell. Die Zeitzone ist an die griechische Zeitzone angepasst, obwohl die Insel im gleichen Längengrad wie die Türkei liegt. Das bedeutet, jetzt, Anfang Dezember, ist es bereits um 16:30 Uhr dunkel. Wir sind über Nikosia, vorbei an demselben Grenzposten, wieder in den türkischen Teil ausgereist und warten nun auf unsere Fähre zurück in die Türkei. Einen letzten Abstecher machen wir nach Gazimağusa. Es fühlt sich komisch an, nun auf der anderen Seite zu stehen. Hier im Teil abseits der Sperrzone gibt es eine wunderschöne Kathedrale aus der Gotik, die 1571 durch die Osmanen zur Lala Mustafa Pascha Moschee umgewidmet wurde. Ein fast surrealer Anblick, der den Konflikt des Landes beinahe perfekt beschreibt. Das Giebeldach und die zwei Dächer der Spitztürme wurden entfernt und durch Flachdächer ersetzt. Neben einem der zwei Türme erhebt sich ein Minarett, ein spitzer Turm, diesmal mit Dach, von dem der Ruf des Muezzins erklingt. So, in seiner vermischten Einheit wirkt das Gebäude ganz und doch gleichzeitig fremdartig. Auch wenn die Kulturen der Menschen auf Zypern unterschiedlich sein mögen, die meisten Bewohner fühlen sich hier einfach als Zyprioten.
Mit diesem Gedankengut geht es für uns auf die Fähre in Richtung Taşucu, Türkei. Wir blicken zurück auf drei außergewöhnliche Wochen. Wenn uns ein Land auf unserer Route überrascht hat, dann ist es definitiv Zypern. Ein Land, das durch seine unglaubliche Vielseitigkeit bestechen zu weiß. Kein Wunder, das Aphrodite sich damals entschieden hat, hier auf dieser schönen Insel aus dem Meer zu steigen. Einen eigenen Abstecher hierher können wir euch nur ans Herz legen. Auch für uns wird es bestimmt nicht das letzte Mal gewesen sein. Wir liegen in George, im Bauch des Schiffs, und erneut bemerke ich ein sanftes Hin- und Herschaukeln. Zufrieden schließe ich die Augen und schlafe kurz darauf ein.
gez. Alex
...hier siehst du unsere gesamte Route.
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