Unsere Überfahrt entwickelt sich zu einem kleinen Abenteuer. Nachdem wir den ganzen Tag in Venedig verbracht haben, fahren wir abends um 18Uhr zum Hafen, um den Check-In durchzuführen. Wir sind jetzt schon müde, da wir früh aufgestanden sind und über 6 Stunden durch Venedig gelaufen sind. Der Check-In mit Minoan-Lines verläuft problemlos. Wir bekommen unsere Karten und werden nicht mal nach unserem ADAC-Ausweis gefragt, der uns einen Rabatt von 25% einspielt. Uns wird gesagt, dass wir ungefähr um 23 Uhr auf das Hafengelände können und zwischen 2:30 Uhr und 3 Uhr sei das Boarding.
Wir vertreiben uns die Wartezeit mit Kochen und kommen danach auf die Idee, unser Schiff mal zu googlen. Die ‚Cruise Europa‘ ist das modernste Schiff der Flotte und war 2009 bei Inbetriebnahme das größte Fährschiff, das in der Adria unterwegs war. Es wirbt mit vielen zusätzlichen Ausstattungen wie Disco, Pool, Wellnessbereich, Shopping Meile und vielem mehr. Doch dann sehen wir die Bewertungen bei Tripadvisor und uns vergeht die Vorfreude. Dort bekommt das Schiff nur 1,5 von 5 Sternen. Es ist die Rede von ständigen Verspätungen, teilweise werden die Häfen übersprungen, einem sehr dreckigem Gesamtzustand, miesem Essen und unfreundlichem Personal. Da müssen wir schon schlucken. Vor gut 10 Jahren bin ich bereits mit Minoan gefahren und ich habe wirklich keine schlechten Erinnerungen daran.
Mit gedämpfter Euphorie fahren wir um 23 Uhr auf das Hafengelände. Unser Schiff soll wenigstens pünktlich sein. Während wir warten, setzt die Müdigkeit in vollem Ausmaß ein. Wir können kaum noch die Augen aufhalten, da entdecken wir bei einem Spaziergang im Warteraum einen Espressoautomaten. Für schlappe 80ct kann man sich hier einen Espresso kaufen, der nicht nur unsere Rettung ist, sondern zusätzlich auch unglaublich gut schmeckt. Wir sind wirklich überrascht und inzwischen auch wieder wach. Mit 30 min Verspätung kommt unsere Fähre an und um 3 Uhr fahren wir als zweites Auto in den Bauch des großen Schiffs.
Dann beginnt die Suche nach einem Schlafplatz. Wir haben die Deck-Option gebucht. In der Hauptsaison habe ich regelrechte Prügeleien um gute Schlafplätze erlebt, deswegen beeilen wir uns mit dem Rundlauf und finden auch relativ schnell eine Couch vor der Lounge. Wir sind uns nicht sicher ob das ‚No Camping‘ Schild für die Couch oder die Lounge gilt, entschließen uns nach einiger Überlegung dazu dort zu nächtigen.
Nach 4 Stunden unruhigem Schlaf wachen wir auf und können nicht mehr schlafen. Also machen wir uns daran, das Schiff zu erkunden. Wir sind sehr positiv überrascht. Entgegen der Kommentare wirkt das Schiff sehr sauber. Die Disco und der Pool sind geschlossen, doch das war für uns eh weniger von Interesse. Mittags gibt es Essen im Selbstbedienungs-Restaurant und auch hier werden wir überrascht: Die Portionen sind sehr gut und das Essen schmeckt ebenso. Da wir echt müde sind, dösen wir etwas in der Lounge, doch werden sehr schnell unfreundlich darauf aufmerksam gemacht, dass man während dem Tagesbetrieb hier nicht schlafen darf. Auch auf der Couch nicht. Nur im Schlafsesselraum ist das möglich. Dort angekommen stellen wir fest, dass es dort sehr muffig ist, die Leute dort eine Shisha aufgebaut haben und einige Lautstark schnarchen. Hier halten wir es keine 5 Minuten aus. Langsam wird auch klar, wie die Kommentare zu Stande kommen – die Toiletten werden immer dreckiger. Es scheint so, als macht das Personal einen großen Wischgang am Anfang und das wars. Gott sei Dank ist Nebensaison und es befinden sich nicht so viele Menschen auf dem Schiff.
Aber unser Highlight der Überfahrt soll noch kommen. Als wir uns am Abend wieder zum Schlafen auf der Couch breitmachen, werde ich nach kurzer Zeit von Eileen angetippt. „Da krabbelt was!“ Tatsächlich. Ein kleines braunes Insekt. „Das sind bestimmt Bettwanzen“. Ich habe Bettwanzen noch nie gesehen und kann es mir nicht vorstellen. Doch insgesamt sind drei braune Punkte munter auf der Couch unterwegs. Wir verziehen uns in Sicherheit in die Lounge und checken alle unsere Sachen nach Krabbeleien. Nichts zu finden. Wir verbringen die zweite Nacht also in der Lounge und als wir morgens beim Zwischenstopp in Igoumenitsa ankommen, haben wir endlich wieder Netz und googeln nach Bettwanzen. Tatsächlich! Es sind Bettwanzen. Wir gehen schnell zum Barkeeper, der kaum Englisch versteht. Er grinst nur und meint: „Ignore it!“. Wir können es nicht glauben und gehen zur Rezeption. Dort ist die Aufregung groß. Direkt wird jemand losgeschickt, der die Couch fachmännisch mit Absperrband außer Kraft setzt. Mitfühlende Worte sind dennoch nicht zu finden, eher Ausreden. „Die sind aus den Koffern der Passagiere, nicht vom Schiff!“. Genau. Und dank der fachmännischen Absperrung können sie sich auch nicht vermehren, denke ich mir. Die restliche Überfahrt verbringen wir in der Lounge und wollen nur noch runter vom Schiff und unsere Sachen waschen.
Um 14:00 Uhr werden wir dann erlöst und erreichen Griechenland. Wir fahren erleichtert von Bord und direkt zu einer Wäscherei. Insgesamt war die Überfahrt schon in Ordnung, wären da nicht die Bettwanzen gewesen. Dennoch werden wir wohl in Zukunft mehrmals überlegen, ob wir sowas nochmal machen werden.
gez. Alex